Ein kultiviert eleganter Stil | von Diana Friedman

Ella Mamiche sieht auf eine 30-jährige Karriere als Innenarchitektin in Toronto, einer der verkehrsreichsten Städte Kanadas, zurück. Als einzige Frau im Führungsgremium des Architekturbüros ZAS Architects + Interiors hat Ella Mamiche entscheidend zum Wachstum der Abteilung für Innenarchitektur beigetragen. Sie hat an 23 Projekten mitgearbeitet, die im Laufe der Zeit ausgezeichnet wurden. Ella unterstützt Jungarchitekten mit ihrer Erfahrung vor allem im Bereich des Öffentlichen Baus. In diesem Interview beschreibt sie ihre Erlebnisse als Frau in einem noch vorwiegend männlichen Beruf.

Ella Mamiche

 

Was hat Sie veranlasst Innenarchitektin und Designerin zu werden?

Es ist schwer zu sagen, was genau mich dazu veranlasst hat. Ich glaube, ich habe mich immer schon gerne mit Menschen beschäftigt, bin aber auch an Kunst, Geschichte und bebauten Flächen interessiert. Als Innenarchitektin kann ich alle diese „Elemente“ verwenden. Dabei handelt es sich um viele verschiedene Fachrichtungen und sie sind es, die Innenarchitektur so dynamisch macht. Von abstrakter Kunst zu linearer Wissenschaft. Dazu kommt dann noch das menschliche Verhalten, das paradoxerweise gleichzeitig vorhersehbar und doch irrational ist!
Design liefert vielen existentiellen Fragen Antwort und ich habe mir immer gewünscht, diese Dimensionen zu erforschen.

 

Welche Hindernisse und welche Vorteile hat man als Frau in einem eher männlichen Beruf?

Frauen sollten sich über die Unterschiede und Ungleichheiten der gesamten Menschheit bewusst sein. Ich würde Frauen warnen vor den Auswirkungen, die der Vergleich und die Konfrontation mit Männern auf das eigene Selbstwertgefühl und das Gefühl der eigenen Kompetenz in einem komplexen Arbeitsumfeld hat.

Eine Jungarchitektin sollte sich auf ihr persönliches Wachstum und Erweiterung ihrer Verantwortungen konzentrieren und nicht auf die der anderen. Durch die Identifizierung der eigenen Qualitäten, des Charakters oder des Talents und das was sie besonders macht, erzielt sie Resilienz erreicht dadurch, dass ihre eigenen Grundmauern solide werden, wenn man dieses Bild nehmen will.

Die Karrierewelt für Frauen ist heute extrem kompetitiv. Daher muss ein eigner Weg gefunden werden, ohne Handbücher zu lesen zu Herausforderungen, die noch nicht aktuell sind. Anstatt sich auf die Unterschiede der Geschlechter zu konzentrieren, ist es wesentlich wichtiger, dass jeder Mensch sich auf sein eigenes Wachstum fokussiert. Da draußen läuft sehr viel Kompetenz herum. Ich ermutige junge Innenarchitekten, sich intensiv mit den Differenzen der Geschlechter zu beschäftigen, sich aber auch so zu verhalten, dass Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Anerkennung von Andersartigkeit erfolgt.

Eine Frau muss in eleganter Weise mit der Vitalität und Kreativität, die ihr eigen ist, ihre Wertigkeit herausstellen. Sie kann Vorreiter und Verfechter sozialer Veränderungen sein, genauso wie alle anderen, unabhängig vom Geschlecht.

Trotz einiger Nachteile gibt es auch Vorteile ein weiblicher Architekt zu sein. Frauen bringen oft mehr Leidenschaft ein und sind intuitiver. Aus meinen Herausforderungen habe ich gelernt, dass Erfolg sich durch Hartnäckigkeit und Fleiß einstellt. Ich habe bemerkenswerte Fähigkeiten im Multitasking entwickelt und habe mehr Erfahrung in der Kundenbeziehung. Insgesamt gesehen sind wir Frauen empathisch, motiviert, engagiert und kreativ.

 

Sie arbeiten an einer Reihe institutioneller Projekte. Welche Baustoffe bevorzugen Sie für diese Gebäude?

Leistungsmerkmale und Sicherheit sind die wichtigsten Parameter bei der Wahl der Baustoffe für den Innenausbau dieser Gebäude. Diese Kriterien wenden wir bei allen unseren Projekten an, vor allem aber im Öffentlichen Bau. Einige der jüngsten Projekte sind The Digital Media Lab an der University of Waterloo (Stratford Campus), das Vaughan Civic Centre Public Resource Library und das Bergeron Centre for Engineering Excellence an der Universität York. Letzteres war dieses Jahr auch Gewinner des Wettbewerbs Ceramics of Italy Tile Competition.

 

Wie sehen Sie die Zukunft für Keramik? Auf welche Aspekte sollten sich die Unternehmen bei der Entwicklung von Keramikmaterial konzentrieren?

In der letzten Zeit habe ich gesehen, dass die Unternehmen sich sehr auf die Entwicklung von Produkten mit großen Formaten und neuen Strukturen konzentrieren. Es gibt unendliche Anwendungsmöglichkeiten für die Reproduktionen dieser Materialien. Das wird den italienischen Herstellern helfen, noch stärker in die 3D Welt vorzudringen.

 

Können Sie Architektur- und Designstudenten ein paar Tipps geben?

Auch wenn Architektur und Design heute auf dem Computer erstellt werden, ermutige ich Studenten immer wieder zum Zeichnen. Zeichnen ist nicht nur eine Kommunikationsform mit anderen, sondern eine Form des Denkens. Auch Reisen ist eine unglaubliche Quelle der Inspiration. Ein weiterer Tipp ist, sich große Ziele zu setzen. Man muss immer an großen Ideen arbeiten, auch wenn der Weg dorthin aus kleinen Erfolgen besteht. Dann ist die Definition von Modellen, an denen man sich inspiriert, sehr wichtig. Wenn möglich sollten sie durchdacht und erforscht werden. Es gibt viel von anderen Generationen zu lernen und zu teilen.

Besonders Architektur- oder Designstudentinnen möchte ich empfehlen: Statt zu sagen „Ich kann das Gleiche wie ein Mann“, warum versuchen sie es nicht mit „Ich kann andere Dinge als ein Mann“. Das wertet den Prozess auf anstatt die Konkurrenz zu erhöhen. Kooperation ist der Schlüssel zum Erfolg.

 

Gibt es etwas, das Sie gerne am Anfang Ihrer Karriere gewusst hätten?

Ich hätte gern mehr Vertrauen in mich als junge Designerin gehabt. Es ist schwer, Vertrauen in sich zu haben, aber Vertrauen ist unendlich wichtig für den Erfolg; genauso wie es wichtig ist Einschüchterungsversuche zu ignorieren. Das passiert bei der Architekturausbildung häufig und man darf nicht zulassen, dass dies deine Ziele und deine Karriere beeinflusst.

Das Leitmotiv ihrer langen Karriere ist eine unermüdliche Hingabe für ihren Beruf und die Menschen, sowohl bei der Planung neuer Ambiente als auch beim Umbau alter Lager zu neuen Immobilien oder die Sanierung der Innenausstattung von Hotels. Ella ist 1983 in das Team ZAS eingetreten und hat eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Zusammenstellung des Teams der Innenarchitekten gespielt. Sie ist bekannt für innovative und flexible Lösungen, die durch extrem kreative Prozesse und einen originellen kooperativen Ansatz entstehen. In ihrer Eigenschaft als Manager von ZAS Interiors ist sie Supervisor für Design, Kundenentwicklung und strategisches Wachstum. Ihre kreative Energie fokussiert sie auf den Planungsprozess, um jedem Kunden und vor allem allen Nutzern des geplanten Raumes ein innovatives, klassisches, attraktives und funktionales Design zu geben. Ella hat mit zahlreichen Kunden des Architekturbüros aus verschiedenen Branchen (Corporate, Bildung, Hospitality, Wohnungs- und öffentlichen Bau) gearbeitet.

 

August 2018